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Wie (und warum) Kinder in einen Mountainbike-Verein kommen (sollten)

Von der richtigen Fahrtechnik bis zum gesteigerten Selbstvertrauen, von Pennsylvania über Norditalien bis in die Schweiz: Drei Trainer*innen von Mountainbike-Vereinen aus verschiedenen Teilen der Welt geben uns Einblicke in die Welt der breiten Lenker, Single Trails und ihre gemeinsame Leidenschaft.

Emmie Collinge,
22.3.2023

Was ist ein Mountainbike-Verein für Kinder?


Genau wie beim Fußball- oder Schwimmverein meldest du dein Kind für Trainingsstunden unter Aufsicht an. Das gemeinsame Training findet ein oder zwei Mal wöchentlich statt. Ab und zu gibt es vielleicht mal einen Tagesausflug am Wochenende.

Im Verein verbringt dein Kind ein paar Stunden pro Woche in einer Gruppe von Kindern mit ähnlichem Fahrkönnen und verbessert seine Skills durch verschiedene Spiele, Übungen, Trailfahrten und Rennen.

In einigen Vereinen bekommen die Mitglieder ein Team-Trikot oder eine Fahrradflasche im Vereinsdesign. Solche Dinge stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl und festigen Freundschaften zwischen den Kindern.



Welche Vorteile bringt eine Vereinsmitgliedschaft für dein Kind?


Junge Radfans entwickeln im Verein nicht nur erstklassige Bike-Skills (lässig und cool lautet die Devise), sondern finden auch neue Freund*innen, stärken ihr Selbstbewusstsein und erlernen viele weitere Fähigkeiten.

Radfahren im schroffen Gelände oder über Wurzelpassagen verlangt dem Körper einiges ab und fördert Belastbarkeit und Durchhaltevermögen.

Mit Freund*innen an ihrer Seite geben Kinder nicht auf, wenn es anstrengend wird, sondern werden motiviert, an ihre Grenzen zu gehen. So werden sie zu geschickten und souveränen Ridern mit starkem Selbstbewusstsein.



Tipp:

Wenn dein Kind ein gut gewartetes, fahrtüchtiges Bike hat, braucht es nur noch die richtige Ausrüstung, um möglichst sicher unterwegs zu sein. >>Hier findest du unsere Empfehlungen.


„Es kann das ganze Leben verändern“


Der zweifache Vater Mike Kuhn veranstaltet Radrennen, ist Trainer und einer der größten MTB-Fans der USA.

Er weiß, wovon er spricht, wenn er sagt, dass Teil eines Teams zu sein das ganze Leben verändern kann.

Mike gründete vor acht Jahren den Verband Pennsylvania Interscholastic Cycling League (PICL) und brachte ihn unter den nationalen Dachverband National Interscholastic Cycling Association (NICA).



Ein Verein in jedem Schulbezirk von Pennsylvania (und dann auf der ganzen Welt!)


Mikes Verband für Kinder hat allein in Pennsylvania 1.320 Mitglieder. Sein Ziel ist es, den Mountainbike-Sport in den weiterführenden Schulen zu etablieren, indem er Teams in den Gemeinden der Region aufstellt und ehrenamtliche Trainer*innen dafür gewinnt.

„Es sollte in jedem Schulbezirk des Staates einen Verein geben“, so Mike, „wobei jeder Verein wiederum mehrere Trainer*innen braucht.“

„Bei der PICL unterstützen wir die Vereine bei der Gründung und sorgen dafür, dass die Trainer*innen nicht nur wissen, wie man Fahrskills vermittelt, sondern auch die richtige Haltung und Philosophie haben.“

„Wir möchten damit gemeinschaftlich organisierte, lokal ansässige Teams fördern. Uns ist bewusst, dass diese Trainer*innen im Leben der Kinder eine große Rolle spielen."



Es geht nicht um Leistung, sondern um Spaß



Der Schweizer Leo l’Homme, ehemaliger MTB-Profi und Fachtrainer für die französische Schweiz, bestätigt, dass Vereine und Trainer*innen einen großen Einfluss auf Kinder haben können:

„Ich kam mit sechs in den Verein, zusammen mit meinen Freunden und Cousins. Wir hatten immer sehr viel Spaß und obwohl ich direkt begann, Wettrennen zu fahren, fühlte es sich bis ins Teenageralter nie wirklich wie ein Training an.

Ich wollte damals einfach mit meinen Kumpels spielen und draußen sein. Ich erinnere mich noch heute daran, wie sehr wir zu unseren Trainer*innen aufgeschaut haben.“



Strenge Kontrolle


Ähnlich wie Mike in den USA ist Leo ein Rädchen im Schweizer System, in dem die Trainer*innen strenge Auflagen erfüllen müssen. „Während meiner Zeit als Radprofi machte ich alle fünf Trainerscheine. Nach dem Ende meiner sportlichen Karriere wurde ich dann Vollzeittrainer.

Als „Experte“ im nationalen Jugend+Sport-Netzwerk bin ich dafür verantwortlich, dass die Vereine ordnungsgemäß geführt werden. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Trainer*innen es lieben, dass der Sport für alle Familien, auch solche mit geringerem Einkommen, zugänglich ist. Meine einzige Sorge ist der Übereifer der Kinder.“

Leo lacht: „Die Mountainbike-Kultur ist hier in der Schweiz so tief verwurzelt, dass Rider wie Nino Schurter und Jolanda Neff als Nationalhelden gelten – sie sind allgemein bekannte Namen – Kinder möchten sofort so fahren können wie sie.“

Da horcht Mike auf und ist ein wenig traurig, weil Mountainbiken sich in den USA noch nicht solch großer Beliebtheit erfreut.

„Daran arbeiten wir noch“, grinst er. „Unser Fokus liegt auf Cross-Country (XC) Mountainbiken, weil das eine tolle Einstiegsmöglichkeit ist – es macht Spaß und die Risiken halten sich in Grenzen.“


Ein Verein für die ganze Familie


Mike kommt in Fahrt: „Das Wichtigste für die Kinder (und uns Trainer*innen) ist nicht ihre Leistung. Es geht uns vielmehr darum, Kindern fürs ganze Leben die Liebe zum Radsport, Selbstvertrauen, Achtsamkeit und Fähigkeiten zu vermitteln. Unser schulübergreifendes Modell zeigt uns immer wieder, dass Radfahren ein Sport für die ganze Familie ist.“

Mike wäre nicht überrascht, wenn alle 15.000 ehrenamtliche Trainer*innen der NICA einfach motivierte Eltern sind, die die Trainerscheine und Erste-Hilfe-Trainings absolviert haben:

„Wenn man mit einer Gruppe Kinder im Wald unterwegs ist, braucht man viele Trainer*innen. Die Eltern springen da sehr gern ein. Und ehe man sich's versieht, sitzen sie auch schon am Bike und treten in die Pedale.“

„Ich übernehme viele alltägliche Aufgaben für die Liga, aber zweimal die Woche gehe ich mit meinen Kindern mountainbiken und vergesse in diesen Stunden alles andere.“ – Mike Kuhn


Hauptsache es macht Spaß!


Wenn wir eines von Leo und Mike lernen können, ist es, dass beim Mountainbiken – besonders wenn man jung ist – der Spaß an erster Stelle steht, aber dass Struktur ebenso wichtig ist, um sicher unterwegs zu sein.

Schließlich ist es ein Sport, der das ganze Jahr über auf schroffem, manchmal losem oder rutschigem Terrain ausgeübt wird – daher sollten besondere Vorkehrungen getroffen werden.



Kein Verein in der Nähe? No problemo!



Hindernisse, durch die man sich hindurchducken muss, Slalomfahren mit Hütchen – Lucia Moraschinellis Mountainbikestunden für Kinder machen immer Spaß.


Du hast das Internet durchforstet und dich im örtlichen Fahrradladen erkundigt, aber findest keinen Verein oder Verband für junge Radler*innen in deiner Nähe? Vielleicht solltest du die Dinge einfach selbst in die Hand nehmen.

Die italienische Gastronomin Lucia Moraschinelli machte genau das im Jahr 2020.

„Nach dem Lockdown wollte ich die Kinder wieder nach draußen bringen und dass alle aus der Gemeinde wieder zusammenkommen. Als im Sommer 2020 nach und nach alles wieder öffnete, schlug ich im Kindergarten meiner damals fünfjährigen Tochter vor, wöchentlichen Fahrradunterricht anzubieten und wollte so mit der in Italien üblichen Ansicht, dass Radfahren reiner Leistungssport ist, aufräumen.

Während die anderen Eltern am Spielplatz sich im Abstandhalten übten, nahm Lucias Idee Fahrt auf.



Erster Schritt: Trainerschein und Konzept


In den norditalienischen Alpen, fernab von größeren Städten, suchte Lucia nach einer Möglichkeit, ihren ersten Trainerschein zu machen. „Viele weitere sind noch dazugekommen“, so Lucia.

„Ich fing an, mit zehn Kindern auf dem Sportplatz zu trainieren. Die Hindernisse hatte mein Partner aus Holz selbst gebaut. Das war eine sichere Umgebung zum Austoben.“



Zweiter Schritt: Vereinsname und Vision


Lucia ließ sich bei der Namensgebung für ihren neugegründeten Verein Red Line MTB von ihren feuerroten Haaren inspirieren, und weist gleich darauf hin, wie besonders es ist, die sprichwörtliche „rote Linie“ zu erreichen:

„Kindern ist oft nicht bewusst, was sie alles schaffen können, also ermutige ich sie dazu, Neues auszuprobieren und ihre Grenzen kennenzulernen“, lächelt sie breit.

Lucias Verein – der Inbegriff einer Basisorganisation – besteht heute aus zwei Trainer*innen und dreißig Kindern in zwei Gruppen. Es überrascht nicht, dass Lucia einige Werte mit Mike und Leo gemeinsam hat:

„Es geht uns um viel mehr, als nur das Fahrkönnen der Kinder weiterzuentwickeln; es geht um Persönlichkeit, Selbstvertrauen und darum, den Kindern zu zeigen, was sie schaffen können.“



Lucias Tipps zur Vereinsgründung:


  • Man muss gern draußen sein und seine Umgebung in- und auswendig kennen. In meiner Freizeit räume ich oft Trails auf und erkunde neue Routen.
  • Jede zweistündige Trainingseinheit braucht die richtige Mischung aus Spaß, Training und Wertevermittlung; es geht nicht nur ums Mountainbiken.
  • Ein kleiner Wettbewerb hier und da macht den größeren Kindern Spaß. Meine Gruppe liebt zum Beispiel den Le-Mans-Start, bei dem die Kinder zu ihren Rädern laufen müssen.
  • Kinder haben ein anderes Risikobewusstsein als Erwachsene, sodass ich bei den Trainings manchmal kurz den Atem anhalten muss.
  • Ich habe immer Ersatzschläuche, Luftkompressor und Werkzeug dabei. Man weiß schließlich nie, welche Reparaturen auf dem Trail erforderlich sein werden!


Beim Le-Mans-Start stehen die Kinder zunächst einige Meter von ihren Rädern entfernt. Nach dem Startsignal laufen sie zu ihren Bikes, setzen sich darauf und das Rennen beginnt. Zeit stoppen ist optional.



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